Dienstag, 28. Oktober 2014

50 Jahre Zerstörer Schleswig-Holstein

Kameradschaftstreffen vom 10. - 12.10.2014 in Wilhelmshaven

Edmund rief und 140 Jubiläumsgäste kamen zur Feier der 50. Wiederkehr der Indienststellung des Zerstörers Schleswig-Holstein (D182) nach Wilhelmshaven, dem Heimathafen des einstigen 2. Zerstörergeschwaders. Ehemalige Soldaten aus 30 Jahrgängen trafen sich mit oder ohne Partner und Gästen in der Marinestadt am Jadebusen. 
Seit einem Jahr liefen die Planungen zu diesem Kameradschaftstreffen der alten Besatzungsmitglieder von D182 mit dem legendären Spitznamen Sophie-X. Die Unterkünfte für die Teilnehmer waren gebucht, die Musik bestellt und bezahlt, sowie ein angemessener Tagungsort mit ansprechender Gastronomie gefunden (UHG). Ob im Wohn- oder Feuerschiff, ob in privaten Quartieren oder im Hotel, allen Kameraden wurde ein Unterschlupf zugeteilt oder sie haben ihr Logis eigenständig organisiert.
Die Koggenwirtin in der Börsenstraße war rechtzeitig vor einem Ansturm der bereits am Freitag erwarteten Gäste gewahrschaut worden, die sich ab 18:00 Uhr dort auch nach und nach einfanden. Mit fortschreitender Zeit wurde es langsam eng an der Theke, so das bald auch das maritim gestaltete Hinterzimmer der Traditionskneipe geentert werden musste. Mit Rainer Hägele, Heinrich Boller, Karl-Heinz Ross und Dieter Leonhard hatte sich ein  Quartett der fast ersten Stunde unter Fregattenkapitän Karl H. Peter in Schlicktown verabredet. Für einige war es seit April 1966 das erste Wiedersehen. Hier und da bildete sich hinter den Brillen ein feuchter Glanz in den jetzt mit Falten umgebenen Augen. Als sich dann ganz unerwartet Otto May, der letzte Kommandant unseres Schiffes, zu uns gesellte und sogleich sehr ergiebig von seiner über dreijährigen Fahrenszeit als Kommandant erzählte, blühten in der Kogge die Erinnerungen wieder auf. Für manchen wurde es ein langer und anstrengender Freitagabend.
Für Samstag waren die Teilnehmer des ersten von vier Segeltörn mit der „ MS Nordwind“ zum Marinestützpunkt Heppenser Groden bestellt. Doch an Segeln war wegen der Flaute nicht zu denken. Auch traten menschgemachte Verzögerungen ein, die den zeitlichen Ablauf in Unordnung brachten. 
Nach dem Kommando „Alle Leinen los und ein!“ und nach der herzlichen Begrüßung an Bord sowie der obligatorischen Sicherheitsbelehrung ging es dann endlich los. Vom Anleger in der 4. Einfahrt, neben den Fregatten, fuhren wir hinaus auf den blanken, mit leichtem Frühnebel sanft eingehüllten Jadebusen. Es war ein vergnüglicher Auftakt des maritimen Wochenendes. Die kurze Reise führte uns entlang der gestreckten Pier des verwaisten Ölhafens und vorbei an den riesigen blau-roten Containerbrücken des auf Kundschaft aus aller Welt harrenden Jade-Weser-Ports. 
Dann war auch schon der Wendepunkt erreicht. Ein Schiffsführer, ein Steuermann, ein Bootsmann und ein Heizer teilen sich die Aufgaben auf dem Motorsegler mit den zwei Masten, an denen das Rigg betriebsbereit angeschlagen ist. Doch die Lappen müssen heute unten bleiben, denn kein Wind kann hineingreifen und für den nötigen Vortrieb sorgen. Im Maschinenraum legt sich ein Sechszylinder Volvo Diesel redlich ins Zeug. Das Schiff gehört dem Marinemuseum Wilhelmshaven, einer privaten Einrichtung, die keine Bundesdienstflagge führt und sich selbst finanzieren muss, z. B. durch den Verkauf ausgedienter Seekarten. Es stand seinen Passagieren bereitwillig zur Begehung offen und sogar das Steuer durfte selbst mal übernommen werden.
Die wärmende Sonne setzte sich mit jeder Stunde mehr und mehr durch und verbreitete schon am Mittag sommerliche Stimmung. Diese nutzten wir nach Rückkehr des Schiffes zu einem ausgedehnten Spaziergang, vorbei an der Fregatte Hamburg, sprachen mit der Wache, machten Fotos, hielten unsere Nasen auf einer gemütlichen Holzbank an der Hafeneinfahrt der Sonne am blanken Himmel entgegen und blickten über das stille Meer. Zu Mittag gab es für die meisten Gäste die erstklassige Erbsensuppe mit den versteifenden Einlagen in der Unteroffiziersheimgesellschaft (UHG). Die Teilnehmer des dritten Segeltörns nahmen ihr Mittagessen an Bord ein, wo sie mit der gleichen Köstlichkeit aus dem großen Kessel des Smuts kulinarisch verwöhnt wurden.
Im Laufe des Tages trafen wir auf Kameraden der ersten Stunde, der Erstbesatzung: Heinz Obenhaus, Dieter Bailly und Gerhard Retzlaff waren schon an Bord, als das o. g. Quartett im April 1965 seinen Dienst auf dem zweiten Schiff des 2. Zerstörergeschwaders in Wilhelmshaven antrat.
Gegen 17:00 Uhr eröffnete Edmund Weidlich den offiziellen Teil des Abends mit der Präsentation der Ehrengäste, die an der VIP-Back ihre Plätze eingenommen hatten. Hartmut Eickhoff, der die Moderation übernommen hatte, leitete über zu den vorgesehenen Referaten und bat zunächst Holger Barkowsky, den Wilhelmshavener Bürgermeister, in die Bütt. Dieser stellte in einer kurzen Ansprache seine schöne Stadt vor, griff auf die Gründungsgeschichte als Marinestadt zurück und hob die allzeit bestimmende Bedeutung der Flotte hervor. Demnächst werde die Stadt am Jadebusen die größte Garnisonsstadt in Deutschland sein. Es folgte Hans-Joachim Katz, der Kommandant mit der längsten Dienstzeit an Bord von D182 (1978-1982), der uns einen herzerfrischenden Einblick in das Innenleben eines Kommandanten gewährte. Otto May hatte aus seiner nur unwesentlich kürzeren Dienstzeit so einige Erinnerungen im virtuellen Seesack, die auszupacken ihm zusehends Spaß bereitete. Mit eigener Dynamik sprudelte ein Erlebnis nach dem anderen aus ihm heraus, die wegen der großen zeitlichen Distanz schon zu Anekdoten mutierten. Truppenpsychologin Judith Lüder informierte über ihre Arbeit mit den Besatzungen der Einsatzflottille 2. Sie erfüllt in der Flotte eine Aufgabe, die unsere Generation aus der eigenen Dienstzeit nicht kennt, weil es sie einfach nicht gab. Ihre gegenwärtige Bedeutung aus den gewandelten Umständen des Soldatendienstes steht aber außer jeden Zweifel. Neben allgemeiner Beratungstätigkeit für den Marinestab ist sie rund um das Thema posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) auch ganz konkret mit einzelnen Soldaten beschäftigt. Den Abschluss bildete Korvettenkapitän Putlitz vom Stab der Einsatzflottille 2. Er gab in seinem gut vorbereiteten Vortrag einen Überblick über die Organisation der Flottille und seiner schwimmenden Verbände. Gegenwärtige Strukturen und aktuelle Aufträge und Einsätze wurden bereitwillig erklärt, Schwachstellen und Schwierigkeiten nicht ausgespart sowie Perspektiven für die Zukunft erläutert. Gegen Ende seines Auftritts aber übertrug sich das Knurren der Mägen so mancher Zuhörer auf die Lippen ihrer Eigner, was der Verständigung im Saal abträglich war. 
So verging die protokollarisch eingeteilte Zeit und ganz nach dem Tagungsplan leitete um 20 Uhr der Shantychor Carolinensiel, 15 gestandene Sänger mit der Akkordeon spielenden Dame in ihrer Mitte, mit schwungvoll vorgetragenen Seemannsliedern den gemütlichen Teil des Jubiläums ein. Gleich nach dem ersten Song wurde im benachbarten Salon Seehund 1 das opulente, warme Buffet eröffnet. Dieses war sowohl an Backbord als auch an Steuerbord sehr reichhaltig aufgebaut und gab sich verlockend duftend und dampfend den hungrigen Gästen, die in zwei Kiellinien angetreten waren, zur totalen Plünderung hin. Von wenigen Pausen abgesehen, gaben die Musiker in den Seemannskutten noch lange den Ton an. Hätten wir damals schon weibliche Kameraden an Bord gehabt, dann wären an diesem gelungenen Abend ganz sicher auch die Tanzbeine bewegt worden.
Zum Katerfrühstück am Sonntag um 9 Uhr waren sie wieder da, wenn nicht alle Gäste, so doch die meisten. Denn sie hatten Order, danach für ein Gruppenbild dem Pressefotografen der Wilhelmshavener Zeitung (WZ) zur Verfügung zu stehen. Doch vorher gab es für Martina Obenhaus, als Dank für die Gestaltung und Pflege unserer Homepage www.zerstoerer-schleswig-holstein.de, von Edmund einen dicken bunten Blumenstrauß. Danach wurde es in der Messe wieder lebhaft, Abschiedsstimmung kam auf und Edmund brachte so ganz vage Eckernförde als nächsten Veranstaltungsort für die ehemaligen Fahrensleute vom ZSH ins Gespräch. Dann nahmen unter dem Balkon des UHG und nach der Regie des dort postierten Fotografen die Herren Zerstörerfahrer aus 30 Jahrgängen mit ihren Damen und sonstigen Gästen für das angekündigte Pressefoto der WZ ungeordnete Aufstellung. In dem allgemeinen Palaver des Abschieds mischten sich die gegenseitigen guten Wünsche für die bevorstehende Heimfahrt, für die Gesundheit sowie für die allgemeine Zukunft mit den Bekräftigungen der bleibenden Kontakte untereinander und den Verabredungen zum nächsten Kameradschaftstreffen des Zerstörers Schleswig-Holstein.

Dieter Leonhard, Bad Schwartau  



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